Deutsch-israelitischer Schüleraustausch: Mit dem Mountainbike eine neue Kultur und neue Freundschaften „erfahren“

Polin wünscht sich in Deutschland auch einmal von den Schreckensnachrichten und der ständigen Alarmbereitschaft in ihrer Heimat abschalten zu können. Sie genießt das gemeinsame Mountainbiken und hat sich sofort in den deutschen Wald verliebt. Die Schülerin aus dem Jugenddorf Ramat Hadassah, unweit von Haifa in Israel, gehört zu den 14 Jugendlichen, die aktuell ein besonderes Austauschprogramm absolvieren. Partnerschule ist in Würzburg das Friedrich-Koenig-Gymnasium. Eine Woche steht nun eine gute Mischung aus sportlichen Aktivitäten, Kultur und Sightseeing an.

Der beispiellose Terrorangriff der Hamas auf Israels Zivilbevölkerung am 8. Oktober 2023 hätte fast auch das jähe Ende dieses gegenseitigen Kennenlernens bedeutet. Nach Monaten der Ungewissheit ist die nun im Wenzelsaal des Rathauses empfangene Delegation die erste Jugendgruppe, die wieder eine Genehmigung für die Ausreise erhielt. Ein Personenschützer begleitet die Jugendlichen im Alter von 15 und 16 Jahren und ihr Betreuerteam. Von Normalität ist man also noch ein gutes Stück entfernt, auch weil völlig unklar ist, wann ein Gegenbesuch der deutschen Gruppe überhaupt wieder realistisch ist. Für die Würzburgerin Magdalena ist das „gefühlt leider noch ganz weit weg“. Sie möchte sich auf keinen Fall, falsche Hoffnungen machen und hat jetzt aber zwei sehr gute Gründe, auf einen schnellen Frieden in Nahost zu hoffen.

Zusammen mit Sebastian und Orian beantworten die Mädchen bei einem Empfang im Würzburger Rathaus der „Jüdischen Allgemeinen“ Fragen zum Programmablauf und zu ihrer persönlichen Motivation mitzumachen. Gerade für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Israel ist der „Bike-Exchange“ eine ganz besondere Chance, den eigenen Horizont zu erweitern. Für einige ist es die erste Reise ins Ausland oder der erste Flug. Ermöglicht hat dies auch die internationale Vernetzung des größten jüdischen Kinderhilfswerk, das mehr als 200 Jugenddörfer und andere Einrichtungen in ganz Israel betreut und somit rund 22.000 benachteiligte Kinder und Jugendliche ganzheitlich fürs Leben vorbereitet.

Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg und Dr. Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, der zugleich als Vorsitzender der Würzburger Kulturgemeinde und als Aliyah-Vorstand in Deutschland einen großen Anteil am Zustandekommen des Austauschs hatte, hießen die jungen Gäste im Wenzelsaal feierlich willkommen. Begleitet wurde das sportliche Team von den Lehrkräften Nati Reifer, Rani Levy und Semir Kamhawi. Michael Kreil, der Schulsportbeauftragte Radsport Bayern und Judith Fesser von der Stiftung Jugendaustausch Bayern sprachen über das außergewöhnliche Projekt und das erforderliche Improvisationstalent am Ende einer langen Zitterpartie. Pava Raibstein, die Geschäftsführerin des Kinder- und Jugend-Aliyah-Vereins, überbrückte zudem mit ihren Übersetzungen jede Sprachbarriere. 

Für Schuchardt dürften die unterschiedlichen Sprachen, bei den vielen Gemeinsamkeiten der Jugendlichen, aber sicher kein größeres Problem darstellen. Es geht eben nicht zuerst um das Trainieren einer Fremdsprache, sondern um gemeinsame Kraftanstrengungen. Der Oberbürgermeister zitierte in seiner Rede den früheren Generalsekretär der Vereinten Nationen Kofi Annan: „Sport kann eine wichtige Rolle für die Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen spielen, ja nicht nur des Einzelnen, sondern von ganzen Gesellschaften.“ In diesem Sinne wünschte er eine Woche voller spannender Entdeckungen bei den sportlichen Touren wie auch beim Eintauchen in eine neue Stadt und Kultur. 


Austausch Ramat Hadassah-3
Austausch Ramat Hadassah-3

Empfang für Schülerinnen und Schüler aus Israel: Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg und Dr. Josef Schuster, der Zentralratsvorsitzende der Juden in Deutschland (am Rednerpult), würdigten das außergewöhnliche bilaterale Austauschprogramm. Foto: Georg Wagenbrenner

Austausch Ramat Hadassah-2
Austausch Ramat Hadassah-2

Kennenlernen beim Mountainbiken: Sebastian, Polin, Magdalena und Orian (von links) sind beim „Bike-Exchange“ dabei und lernen ganz nebenbei viel über das Leben in Deutschland beziehungsweise Israel im Jahr 2024. Foto: Georg Wagenbrenner

(25.07.2024)

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